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Kufsteiner Nachtgespräch mit Dr. Gerhard Stadler

Mythos Galizien. Vom K.K. Kronland zum Krieg in der Ukraine

  • 📅 Mi, 10.4.2024
  • ⏲️ 19.30 Uhr
  • 📍 Kultur Quartier Kufstein
  • 🎟 freier Eintritt

Bei den Teilungen Polens ab 1775 wurde Galizien Österreich zugesprochen, 100.000 km² zwischen Schlesien, der Weichsel, Pruth und Dnjestr. Bis auf die historischen Städte Krakau und Lemberg war das Gebiet wenig bevölkert und unterentwickelt; ganz im Osten der endlosen fruchtbaren Ebenen war Brzežany eine von hundert Bezirkshauptmannschaften. Polen und Ukrainer (damals Ruthenen genannt), Juden und Deutsche bildeten die ca. 9 Mio. der Bevölkerung. Wien investierte, in Schulen und Universitäten, in Bahnen und Kirchen und, wegen der latenten Bedrohung durch Russland, in Kasernen und Festungen. Dank des im Karpatenvorland leicht abbaubaren Erdöls war Österreich 1914 drittgrößter Erdölproduzent der Welt.

Hier begann der erste Weltkrieg, mit schwersten Verlusten der k.u.k. Armee. Zurückerkämpft, planten die Habsburger 1917 einen Erzherzog als König von Polen und einen als König der Ukraine. Alles endete 1918 im Bürgerkrieg, Polen gegen Ukrainer, und Russland gegen Polen und Ukrainer. 1923 siegte Polen, 1939 kam es zur Teilung zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion, 1945 zur „Westverschiebung“ Polens an die Oder-Neisse-Linie, 1991 zur Unabhängigkeit der Ukraine von Russland.

Wer weiß heute noch, dass das jetzt bombardierte Lwiw als Lemberg 140 Jahre Hauptstadt eines friedlichen Galiziens war, das Österreich-Ungarn 1918 als erster Staat die Unabhängigkeit der Ukraine anerkannte? Oder, dass der Mittelpunkt Europas in den heute ukrainischen Karpaten berechnet wurde? Geblieben ist, dass Lwiw von Wien gleich weit entfernt ist wie Bregenz und, dass der Roman „Radetzkymarsch“ von Joseph Roth den „Mythos Galizien“ bis heute verklärt.

Manche Bauten österreichischer Architekten stehen noch in der heutigen Westukraine und einige unserer Schriftsteller und Wissenschaftler wurden dort geboren. Erwähnt werden auch die vielen vergangenen Verbindungen zwischen Tirol und Galizien.

Abschließend werden in diesem reich illustrierten Vortrag die Gegenwart der Beziehungen zwischen Österreich und der Ukraine umrissen - seit Feber 2022 und wohl noch einige Zeit unterbrochen -, und die Frage nach der Zukunft der Region gestellt.

Der Vortragende, Dr. Gerhard Stadler, war Sektionschef im österreichischen Verkehrsministerium und dann Direktor der europäischen Flugsicherungsorganisation Eurocontrol. Er hat die Ukraine beruflich wie privat oft bereist und so viele persönliche Eindrücke gewinnen können, zuletzt 2018 als Konsulent der EU.

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